Freitag, 23. März 2007

Das Chorwesen in der Schweiz

Das 19. Jahrhundert

Die eigentl. Schöpfung des 19. Jh. ist der Männerchorgesang. Seine Entstehung verdankte er der mit der Aufklärung eingetretenen Umgestaltung des Geisteslebens. Damit einher ging die Entdeckung volkstüml. Werte, die zunehmend patriot. Gesinnung und die Freude am geselligen Kreis (
Vereine ). Als Begründer des weltl. Männerchorgesangs gilt Hans Georg Nägeli, der den unbegleiteten vierstimmigen Männerchor an die Stelle des von Männer-, Frauen- und Knabenstimmen getragenen, durch den Generalbass gestützten Gesangs setzte.

Im Zuge der polit. und sozialen Aufklärung setzte sich Nägeli als Musikpädagoge im Sinne Johann Heinrich Pestalozzis stark für die musikal. Volksbildung ein. 1805 initiierte er in Zürich mit dem Singinstitut die erste nicht kirchl. Sängerschule, 1808 war er Mitbegründer der Schweiz. Musikgesellschaft in Luzern, und 1817 gab er zusammen mit dem Wettinger Musikpädagogen Michael Traugott Pfeiffer eine bahnbrechende "Gesangsbildungslehre" für Männerchöre heraus. Einer seiner bedeutendsten Anhänger war der Luzerner Komponist Franz Xaver Schnyder von Wartensee, der zahlreiche vierstimmige Lieder für Männerchöre schrieb. Auch im süddt. Raum regte Nägelis Gedankengut die Gründung von Männerchören an.

In den Kantonen schlossen sich die grösseren Männerchöre zu Kantonsgesangsvereinen zusammen. Der Appenzell. Sängerverein führte 1825 das erste Kant. Sängerfest durch. Nach diesem Vorbild veranstalteten die neuen Kantonalverbände in regelmässigen Abständen ihre Feiern, welche bis in die Gegenwart wichtige Treffpunkte der Chorsänger sind. Eines der wichtigsten Kant. Sängerfeste war jenes des Aarg. Kantonalverbands von 1842. Zu diesem Fest wurden erstmals auch Männerchöre anderer Kantone eingeladen, was zur Gründung des Eidg. Sängervereins führte. Im Gesang der Männer- und Massenchöre an den Eidg. Sängerfesten, die ab 1843 regelmässig durchgeführt wurden, fand die damals herrschende patriot., freisinnige und freiheitl. Gesinnung ihren begeisterten Ausdruck (
Eidgenössische Feste ).

Sie spiegelt sich auch in den sog. Nationalliedern, u.a. dem 1841 von Leonhard Widmer und Alberik Zwyssig komponierten Schweizerpsalm "Trittst im Morgenrot daher", seit 1981 offizielle Landeshymne der Schweiz. Zu den bedeutendsten Nationalliedern gehört auch "O mein Heimatland" (1846) von Gottfried Keller und Wilhelm Baumgartner. Die neue Gattung Männerchorballade, die der Zürcher Komponist und Dirigent Friedrich Hegar in den 1860er Jahren einführte, wirkte belebend auf das C. 1888 entstand der Schweiz. Arbeitersängerverband (Arbeitervereine ), 1896 der Schweiz. Kirchengesangbund. Beide Verbände haben bis in die Gegenwart Bestand.

Autor: Sibylle Ehrismann

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